Donnerstag, 3. Oktober 2013

Szenerie 3


Es sind momentan chinesische Nationalfeiertage. Ich kann leider nicht genau in Erfahrung bringen was eigentlich gefeiert wird. Allen Anschein zufolge hat es was mit der Gründung Chinas 1949 zutun, aber vertraut mir lieber nicht. Aufgrund der Nationalfeiertage ist auch hier in Dalian die Sau los, der Hund inner Pfanne und die Katz gebraten ausm Sack. Ihr wisst schon was ich meine. Menschen soweit das Auge reicht.

An Straßenecken gibts New Balance Schuhe mit spiegelverkehrten „N“ draufgenäht, ein Schreihals, der ununterbrochen „Dalian“ brüllt und damit kundtun möchte, dass er noch Platz im Taxi hat, erinnert mich an Klaus Kinski in Hochform. Ob sie auch schon Menschen fälschen ? Es wäre gewiss eine Marktlücke.
Ich begebe mich in Richtung meines Lieblingscafes, das MAAN Coffee, dessen Inneneinrichtung auf eine rustikale Art und Weise mir sehr liegt. Eine alte Industriehalle hat man renoviert, jedoch wurde ihr ursprünglicher Touch teilweise beibehalten. Bevor ich jedoch beim Cafe bin, muss ich noch durch den „Werbetunnel“.

Um die Straße zu überqueren wurde eine Unterführung angelegt. Schon in Deutschland werd ich zum Hirsch, wenn mir Leute Flyer in die Hand drücken, ein Abo von irgendeiner Zeitung andrehen möchten oder wenn mir Ergo-Handlanger Komplimente machen, um mich gleich im nächsten Satz in ihr dubioses schneeballprinzipähnliches Kartell einweihen wollen. Der Werbetunnel ist all dies nur hoch tausend. Sie stehen links. Sie stehen rechts. Überall sind Menschen in der Unterführung, quatschen durcheinander und wedeln dir mit Flyern vor der Nase rum als wollten sie professionell Insekten verjagen. Würde man alle Flyer entgegennehmen, man müsste auf der anderen Straßenseite mit einem telefonbuchdicken Stapel wieder an die Oberfläche treten.Im Hintergrund läuft aus verschiedenen Lautsprechern Techno oder verzerrte Werbestimmen in Dauerschleife. Kauf dies, kauf das. So sieht also der angewandte Kommunismus aus. Die kommende Ballettshow, ein Meisterwerk, die Breakdancecrew aus Peking, sowieso unschlagbar, und warum ich mir keine Wohnung kaufe für 360€/qm mit Meerblick, weil meine Grenze 359 € ist. Nervt mich doch bitte nicht.

Später am Abend geht es dann mit einigen Kollegen auf eine kleine Bar-Sideseeingtour. So sagt zumindest einer von ihnen. Es gibt viel Wodka etwas Bier und eine Asiatin, die wahrscheinlich schon im Mutterleib mit einem Kickertisch gespielt hat. Sie ist mir haushoch überlegen. Ich erzähl ihr ich würde grundsätzlich Frauen gewinnen lassen. Sie lacht. Ich bleibe ernst. Ich erinnere mich an ein Meme mit der Botschaft:“ When you think you are good at something remember there is always an Asian to humiliate you.“ 

Um 5 Uhr morgens geht es nach Hause. Ich trete in meine Wohnung. Eine ungünstige Bewegung. Die Schulter streift das Wandtelefon. Es fällt wie von Geisterhand von der Wand. Die Standards halt. Ich ziehe die Gardine zu und in der Ferne hellt es bereits auf. Um 8 uhr knallt und donnert es als würde noch im nächsten Augenblick ein Sonderkommando in meine Wohnung stürmen, um mich dafür zu belangen, dass ich heimlich Facebook verwende. Der Elektronikladen unten feiert sein Jubiläum und will auf sich aufmerksam machen. Je lauter desto besser ist das Motto. Vier Frauen dreschen auf mannsgroße Trommeln ein und als ob das noch nicht martialisch genug wäre werden abwechselnd dazu Böller und Raketen gezündet. Der Werbetunnel ist Überall. Mein Hirn schmerzt furchtbar und will förmlich aus meinem Schädel ausbrechen. Mir geht wirklich nicht gut. Ich blicke zur Haustür und sehe ein ausgerissenes Wandtelefon.

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