Sonntag, 29. September 2013


Szenerie 2


Dem Praktikum verschuldet habe ich eine neue Zwangsneurose entwickelt. Neben meines geistigen Fehlers in Ubahnen möglichst keine Haltevorrichtungen zu berühren, entwickelt sich bei mir neuerdings eine weitere Verwirrung.
Jeden Morgen werde ich von einem Mitarbeiterbus von VW abgeholt und werde zum Werk gefahren. Dort wird übrigens das Doppelkupplungsgetriebe DQ-200 für den asiatischen Markt hergestellt. Nachdem ich ein Drehkreuz und eine sich automatisch öffnende Tür passiert habe, stehe ich neuerdings etwas zögerlich vor dem dritten und letzten Hindernis. In neun von zehn Fällen kassiere ich einen elektrischen Stoß, sobald ich die Türklinke berühre, weshalb ich immer hoffe, dass jemand anderes durch Zufall vorbeikommt und ebenfalls durch diese Tür gehen muss. Der Stoß ist nicht wirklich schmerzhaft, jedoch auch nicht wirklich angenehm. Ein kleines Knistern ist zuhören und zeitgleich zuckt der Körper etwas zusammen. Genau dieses Zusammenzucken gefällt mir morgens um 7:45 eigentlich überhaupt nicht.
Obwohl ich fast permanent von dieser einen Tür elektrisiert werde, habe ich gegenüber anderen Türklinken eine ähnliche Abneigung entwickelt. Fast vor jeder Tür, und damit seien zum Glück bis jetzt lediglich die Türen im VW-Werk gemeint, stehe ich zögerlich 2-3 Sekunden, um dann einen elektrischen Stoß zu erwarten. In der Regel passiert bei anderen Türen überhaupt nichts.
Die mentale Anspannung bevor ich Türen öffne lässt mich altern. Da man oftmals Türen nur mühselig bis gar nicht umgehen kann, um einen Raum zu betreten, muss man notgedrungen Türen öffnen oder sich öffnen lassen. Jene Tür mit elektrischen Beigeschmack kann ich mit einem größeren Aufwand umgehen. Als ich dies neulich tat stand ich wieder einmal 2-3 Sekunden vor einer anderen Tür. Als ich dann auf die Tür zuging, um nach ihrer Klinke zu greifen, riss von der anderen Seite ein Arbeiter die Tür auf und knallte sie mir gegen den Kopf. 

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